Aufklärung über den Eingriff

Erwähnte ich schon, dass ich wohl eine spannende Patientin bin? Naja, wohl eher ein interessanter, weil anscheinend höchst seltener "Fall". Die Ärzte, die mich innerhalb der letzten Tage - aus welchen Gründen auch immer - an meinem Bett (obwohl ich noch mobil bin und lieber durch die Gegend stakse als irgendwo, und sei es auf dem Bett, herumzusitzen) aufgesucht haben, traten meist in Rudeln auf. Zu zweit war das Mindeste, der Hammer war zu siebt - ausserhalb der Chefvisite, bei der ja eh grundsätzlich der ganze Rattenschwanz 12 - 15 Personen stark die Krankenzimmer entert.

Das ist zwar verwirrend, aber ich als Patientin sammele Eindrücke... es ist wie im Zoo, wenn man sich vor einem Gehege stehend fragt: "Wer guckt jetzt wen an?". Irgendwann werde ich die vielen Ärzte und Ärztinnen bestimmt auseinanderhalten und zuordnen können, so quasi ein "Who's who?" im Gedächtnis speichern. Kleine Eselsbrücken nehme ich gern an... so hat beispielsweise ein junger Arzt meine Sympathie gewinnen können, der permanent mit knatterroten Turnschuhen durch die Gegend läuft.

Ebendieser rotbeturnschuhte Arzt holt mich ins Arztzimmer auf der Station, er muss mich über den für morgen geplanten Eingriff detailliert aufklären und stellt sich gleichfalls zur Verfügung, meine Fragen - so ich denn welche habe - zu beantworten. Ein netter Mensch, das habe ich ja bereits beschlossen... ich entschliesse mich für Offenheit, auch wenn er mich für schräg, verrückt oder durchgezischt hält: "Manches möchte ich vielleicht dann doch garnicht so genau wissen. Es kommt dann so nah an mich heran."
Ein wenig erschrocken scheint er zwar, aber er schmunzelt: "Wir beide müssen das jetzt aber besprechen, sonst dürfen wir sie morgen nicht operieren. Das halten sie doch jetzt aus?" Ich seufze: "Ja, klar... wenn ich dabei 'n bisschen heulen darf?" "Kein Problem" sagt er, "lassen sie es ruhig raus. Mensch, sie müssen ja schon platzen!"

"Nein - ich platze nicht, aber ich mag einfach nicht genau darüber nachdenken. Das ist doch so, Dottore, als wenn ich ihnen erklären müsste, dass ich ihnen morgen dann mal sowohl den Penis als auch den Anus wegschneide, zusammen mit kaputtem Gewebe, dass den ganzen Damm überzogen hat..."
Kein Witz, genau so habe ich es ihm gesagt. Er nickte traurig - jedenfalls habe ich es so interpretiert.

Das Grundprinzip der Operation hätte ich verstanden, es wäre auch kaum noch was hinzuzufügen. Also: Vagina und Anus werden entfernt, auch das ebenfalls vom Krebs befallene Gewebe, dass fast den kompletten Dammbereich überzieht (eigentlich handelt es sich im ganzen eben beschriebenen Gebiet um einen Krebsbefall). Dann wird Haut und Gewebe, was aktuell zum Hintern gehört, sozusagen eingeschnitten und nach vorne über das zuvor vom Krebs befreite Gebiet gezogen und dann dort festgenäht. Das nennt sich dann Schwenklappentechnik. Für mich hört es sich so an, als würde mir der Po geliftet werden - und ich bekomme das bestätigt.

Zwar habe ich während dieses Gespräches ein paar Tränchen vergossen, aber mein berühmter Galgenhumor kommt auch hier zum Vorschein: Was auch immer morgen an mir herumgeschnitzt wird, wenn ich wieder aufwache, habe ich einen gelifteten Hintern!

Dann erklärt er mir noch die andere Baustelle: Durch die notwendige Amputation des Rektums ist ein künstlicher Darmausgang, ein sogenanntes Colostoma, vonnöten. Dazu fällt mir immerhin noch die Frage ein, auf welcher Seite des Bauches das Stoma denn angelegt wird: Links. Links neben und ganz knapp unterhalb des Bauchnabels, von der Höhe her, natürlich nicht ganz so dicht daneben.

Wenn ich dann eh den Bauch aufgeschlitzt bekomme, für den künstlichen Ausgang meine ich: Ist es denn dann nicht möglich und vielleicht sogar sinnvoll, wenn ich mir die Eierstöcke gleich mitentfernen lasse? Diese wurden ja bei der Hysterektomie Ende 2003 noch belassen, funktionieren seitdem zwar anscheinend auch nicht mehr, aber sind noch drin. Und ich sehe die jetzt als überflüssiges, sehr krebsrisikobehaftetes Körperteil und habe aus diesem Grund gesteigertes Interesse daran, die loszuwerden. Noch schlimmer kann es mit meinen Wechseljahrsbeschwerden kaum werden.
Also? Ja, der Arzt vermerkt es und will dem Professor deswegen noch Bescheid geben. Danke, das ist dann immerhin für die Zukunft eine Sorge weniger.